Dr. Lukas Köhler

GoodNewsThursday

Zu Beginn des GoodNewsThursday habe ich eine Frage an euch: Wie hoch war der Prozentsatz der alphabetisierten Menschen (ab 15 Jahre) im Jahr 1800?

Dass es verdammt wenige waren, dürfte wohl bekannt sein, aber die genau Antwort lautet: 12 Prozent. 88 Prozent konnten also nicht lesen und schreiben! Ich will hier natürlich keine Geschichtsstunde abhalten und ins finstere Mittelalter blicken, wo sicherlich viele Ursachen für diesen elitären Zustand zu finden sind (der sich wiederum in Machtverhältnissen spiegelt, die heute - Aufklärung sei Dank! - ebenso unvorstellbar sind wie flächendeckender Analphabetismus). Stattdessen spulen wir lieber vor und schauen in die Gegenwart, in der die Verhältnisse nahezu umgekehrt sind:

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Im Jahr 2016 hingegen beträgt der Anteil der nicht alphabetisierten Menschen nur noch knapp 14 Prozent - über 86 Prozent der Menschen können heute lesen und schreiben (auch wenn es innerhalb dieser Gruppe natürlich riesige Unterschiede gibt.)

Diese Entwicklung zeigt sich auch bei den Zahlen zum Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen, der vor allem im vergangenen Jahrhundert dramatisch angestiegen ist. Auch hier gibt es noch gigantische nationale Unterschiede, und doch ist die Entwicklung unterm Strich doch wirklich positiv: 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Indien gilt hier als beispielhaft für die Tendenz vieler Länder, in denen die Einschulungsraten vor allem ab 1950 rasant angestiegen sind. Auch konnten geschlechtsspezifische Unterschiede, die über Jahrhunderte stabil waren, vielfach aufgelöst werden. Inzwischen ist die Diskriminierung von Mädchen und Frauen nicht bei Null, aber doch bedeutend weniger stark ausgeprägt als jemals zuvor. Auf der folgenden Grafik ist visualisiert, wie viel Prozent der besuchten Schuljahre von Jungen auch die Mädchen zur Schule gehen:

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Schlimmes geht's immer - aber besser auch!

Verglichen mit idealen 100 Prozent ist hier natürlich noch viel zu tun, denn durch die intensive Arbeit an der Verbesserung der Zustände sind wiederum andere Probleme ans Licht gekommen - zum Beispiel,  dass die Bereitstellung eines Bildungssystems alleine nicht ausreicht, sondern dass es in den Ländern des globalen Südens oft auch Probleme mit der Anwesenheit der Kinder gibt. In der untenstehenden Grafik wird die Einschulungsrate mit der Anwesenheitsrate in Beziehung gesetzt. Jeder Punkt über der roten Linie bedeutet, dass in diesem Land mehr Kinder eingeschrieben als tatsächlich in der Schule anwesend sind.

Das Zwiebelgleichnis

Verglichen jedoch mit der Vergangenheit sieht die Welt schon ganz anders aus - besser! Und an dieser Stelle möchte ich ein Gleichnis wagen: Probleme sind wie Zwiebeln. Schält man eine Schicht, treibt es einem die Tränen in die Augen - und dann kommt auch schon die nächste zum Vorschein. Dabei sind manche Zwiebeln sicher größer, andere kleiner, die einen schärfer und die anderen milder … und vielleicht gibt es auch die ein oder andere never-ending-Zwiebel - aber: Mit jeder Schicht, die wir abtragen, schrumpft die Zwiebel und wächst unsere Problemlösungskompetenz.

Max Roser und seine Kolleginnen und Kollegen von ourworldindata.org haben hier noch viel mehr Daten zum Thema aufgearbeitet - auch zum Zusammenhang von Bildung und wirtschaftlichem Erfolg. Ich will euch aber nur noch eine Grafik zeigen, die ich - bei aller Kritik an Definitionen und Messungen des Intelligenzquotienten - ebenfalls richtig gut finde: Wir Menschen werden immer schlauer, der IQ steigt weltweit und ziemlich konstant an:

Keine Freiheit ohne Bildung

Dabei will ich es dann aber auch belassen und abschließend die Rolle von Bildung für das Ideal des Liberalismus betonen: 

Wer nichts weiß, muss alles glauben, ist damit vulnerabel für Scharlatane jeglicher Couleur, kann kaum etwas leisten und hat somit kaum Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe - und so auch nicht auf ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben. Wenn ich als Politiker also einen Teil dazu beitragen will, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wo Menschen ein erfülltes und möglichst sorgenfreies Leben führen können, dann muss Bildung immer politische Chefsache sein - und nicht bloß ein beliebtes Wahlkampfthema, das nach der Wahl in der Liste der politischen Prioritäten wieder nach unten rutscht. Bekanntlich hat auch die „Bildungsrepublik Deutschland“ spätestens seit dem berüchtigten Pisa-Schock im Jahr 2000 jede Menge Hausaufgaben bekommen, von denen viele noch nicht erledigt sind - das darf  in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben; Anlass für globalen Bildungselitarismus gibt es nicht!

Am morgigen Freitag schauen wir dann auf einen weiteren Bereich, in dem die Welt vor gigantischen Herausforderungen steht, aber vor allem in den letzten 30 Jahren schon riesige Erfolge erzielt hat: die Reduktion von Treibhausgasen - also genau mein Thema 🙂

Bis morgen? Schön!

Euer Lukas Köhler